# 1

Das Leben beginnt mit der Befruchtung

Falsch.

Es ist nicht möglich, einen Augenblick festzulegen, von wo an „menschliches Leben“ beginnt. Denn Leben ist ein Prozess. Es beginnt nicht zu einem bestimmten Zeitpunkt, sondern wird von Generation zu Generation weiter gegeben. Jede reife menschliche Ei- bzw. Samenzelle ist „menschlich“ und lebendig und enthält je die Hälfte der Chromosomen und der Erbanlagen eines evtl. daraus entstehenden Embryos. Sie ist einzigartig und unterscheidet sich von allen andern Ei- bzw. Samenzellen.

Bei der Verschmelzung von Ei- und Samenzelle kommen zwei einzigartige genetische Anlagen zusammen. Dieser Vorgang dauert etwa 24 Stunden. Dann beginnt sich die befruchtete Eizelle zu teilen. Erst im Verlauf von 2 bis 3 Tagen wird das neue Genom aktiv, zwischen dem 4- und 8-Zellen-Stadium.

Zu Beginn sind alle Zellen des Prä-Embryos noch undifferenziert, „totipotent“. Es ist noch unbestimmt, aus welchen sich der Embryo und aus welchen sich die Plazenta entwickeln wird. Bis zum 5. Tag sterben etwa 60% der Blastozysten spontan ab und werden bei der Menstruation ausgestossen. Niemand würde dies als Tod von „Menschen“ bezeichnen.

Mit dem 6. Tag beginnt die Einnistung in der Gebärmutterwand (Nidation). Nach etwa 14 Tagen (d.h. 4 Wochen nach der letzten Periode) ist sie abgeschlossen. Bis dann ist auch die Zwillingsbildung möglich, d.h. aus einer einzigen genetischen Anlage können später zwei (oder mehr) Individuen/Personen werden. Jetzt beginnt die Embryonalzeit.

Die ersten Organanlagen beginnen sich in der 3. Woche zu bilden. Ein rudimentärer Blutkreislauf z. B. funktioniert nach 3 Wochen. Erste Kontraktionen der entstehenden Herzanlage können ca. ab 23 Tagen nachgewiesen werden. 8 Wochen nach der Befruchtung (10 Wochen nach der letzten Menstruation) sind die Anlagen für alle Organe vorhanden, diese sind aber noch lange nicht funktionstüchtig. Insbesondere die Lunge kann frühestens nach 20 Wochen funktionieren, vorher kann daher ein Frühgeborenes auch mit künstlicher Beatmung nicht überleben. Mit der 9. Woche beginnt das foetale Stadium.

Ab der 23. Schwangerschaftswoche (20 Wochen nach der Befruchtung) hat ein Frühgeborenes unter Einsatz aller technischen Hilfsmittel ausserhalb des Körpers der Frau eine minime Überlebenschance.

Quelle:www.svss-uspda.ch

Anti-Choicers Don’t Have a Biblical Leg to Stand On, by Joyce Arthur

Pro-Choice Action Network, The Fetus Focus Fallacy

# 2

Der Fötus ist eine Person von der Befruchtung an

Falsch.

Der Begriff Person hat mehrere Bedeutungen:

  • Person im soziologischen Sinn bezeichnet ein Individuum, einen Menschen, der soziologisch verschiedene Rollen einnimmt
  • Person im philosophischen Sinn wird von manchen als das Wesen des Menschseins vor dem Hintergrund des abendländischen Denkhorizonts gesehen: Dem Menschen als Person wird eine gewisse Freiheit der Entscheidung und Verantwortlichkeit für sein Handeln zugeschrieben.
  • Person im juristischen Sinn ist der Oberbegriff für natürliche Personen und juristische Personen. Beide Rechtssubjekte sind Träger von Rechten und Pflichten

Keine dieser Definitionen trifft auf den Fötus zu. Das Gesetz definiert zudem: die uneingeschränkte Rechtsfähigkeit als „natürliche Person“ beginnt mit der vollendeten Geburt. Die vollzogene natürliche oder künstliche Trennung des Kindes vom Mutterleib stellt diesen Zeitpunkt dar. Die Rechtsfähigkeit tritt ein, sobald das Kind ein Lebenszeichen von sich gegeben hat, gleichgültig, ob es später lebensfähig ist oder nicht.

Die Europäische Kommission für Menschenrechte hat festgehalten, dass der Ausdruck „jeder Mensch“ den Fötus nicht einschliesst. Im gleichen Sinn haben die Verfassungsgerichte in Österreich, Frankreich und Holland entschieden. Am 8. Juli 2004 hat es der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte abgelehnt, dem Fötus den Status einer „Person“ zuzuschreiben.

Quellen: www.publiceye.org

National Advocates for Pregnant Women

The prohibition on abortion constitutes violence against women (International Federation for Human Rights)

Ireland Abortion: the Law is Failing Women (Guardian)

# 3

Abtreibung ist Mord

Falsch.

Mord ist eine durch Beweggrund, Ausführungsart oder verfolgten Zweck gekennzeichnete vorsätzliche Tötung eines anderen Menschen. Nur eine „Person“ kann ermordet werden.
Ein Schwangerschaftsabbruch beendet die Entwicklungsmöglichkeit eines Fötus. Nach Roe v. Wade, inkludiert das Wort „Person“ nicht  das Ungeborene und ein Fötus hat keinen gleichberechtigten Status mit der Mutter bis zum Zeitpunkt der Überlebensfähigkeit, oder wenn der Fötus außerhalb des Mutterleibs existieren kann. Darüber hinaus ist nach dem Allgemeinen Gesetz bei Strafsachen  die Definition einer „Person“, jemand, der/die lebend  geboren wurde. Der Fötus hat das Entwicklungspotential zu einer Person zu werden, aber nur dadurch, weil er ein Teil des Körpers der schwangeren Frau ist. Jede Frau kann über ihren eigenen Körper selbst bestimmen, auch darüber, diese Entwicklung zu beenden.

Quellen:
www.publiceye.org

Center for Reproductive Rights, Who’s Right to Life?

Wikipedia, Abortion in the Republic of Ireland

National Advocates for Pregnant Women (U.S.), Punishment of Pregnant Women

everydayfeminism.com

# 4

Bei der Abtreibung erleidet der Fötus Schmerzen

Falsch.
Schmerzempfindungen sind nicht vor der 24. SSWoche möglich, da die Grosshirnrinde des Fötus in einem früheren Entwicklungsstadium noch nicht funktionsfähig ist. Für die Wahrnehmung oder das Bewusstsein von Schmerz muss die sensorische Information an den Thalamus und die Grosshirnrinde übertragen werden. Das ist frühestens ab der 24. Woche möglich. Das Fehlen von Verbindungen zum Kortex bedeutet, dass ein Schmerzempfinden vor 24 Wochen nicht möglich ist (Report of the Royal College of Obstetricians and Gynaecologists, London, 2010)

„Das Kleinhirn erreicht seine endgültige Form im 7. Monat. Die Umhüllung (Myelinisierung) des Rückenmarks und des Gehirns beginnt zwischen der 20. und 40. Schwangerschaftswoche. Diese und andere Entwicklungen des Nervensystems müssen stattgefunden haben, ehe der Foetus Schmerz empfinden kann“ (Erklärung der Vereinigung der amerikanischen Frauenärzte). „Vor der 26. Woche ist die Grosshirnrinde nicht funktionsfähig. Deshalb ist es auf jeden Fall unzutreffend, von einer «Wahrnehmung» oder einer «bewussten Reaktion» des Foetus zu sprechen“ (Maria Fitzgerald, Prof. für Neurobiologie, London)
Quellen: www.svss-uspda.ch

www.publiceye.org

British Medical Journal, Can fetuses feel pain? by Stuart WG Derbyshire (2006)

Pro-Choice Action Network, Fetal Pain: A Red Herring in the Abortion Debate, by Joyce Arthur (2004)

Royal College of Obstetricians and Gynecologists (RCOG), Fetal Awareness: Review of Research and Recommendations for Practice (2010)